Unterhaltsarten im deutschen Recht

Arten von Unterhalt

Im deutschen Unterhaltsrecht gibt es verschiedene Arten von Unterhaltsansprüchen, die sich aus unterschiedlichen familiären Beziehungen und Lebenssituationen ergeben. Diese Unterhaltsarten unterscheiden sich in ihren Voraussetzungen, der Höhe der Zahlungen und der Dauer des Anspruchs. Dieser Überblick hilft Ihnen, die wichtigsten Unterhaltsarten und ihre Besonderheiten zu verstehen.

Kindesunterhalt

Der Kindesunterhalt ist die häufigste Form des Unterhalts und bezeichnet die Verpflichtung der Eltern, für den Lebensunterhalt ihrer Kinder aufzukommen.

Betreuungs- und Barunterhalt

Nach § 1606 Abs. 3 BGB wird der Kindesunterhalt in zwei Formen erbracht:

  1. Betreuungsunterhalt (Naturalunterhalt): Der Elternteil, bei dem das Kind überwiegend lebt, erfüllt seine Unterhaltspflicht in der Regel durch die Pflege und Erziehung des Kindes.

  2. Barunterhalt: Der andere Elternteil leistet in der Regel Unterhalt in Form von monatlichen Geldzahlungen.

Besonderheiten des Kindesunterhalts

  • Der Anspruch besteht unabhängig davon, ob die Eltern verheiratet sind oder waren.
  • Minderjährige Kinder haben vorrangige Unterhaltsansprüche vor anderen Berechtigten.
  • Die Höhe richtet sich nach der Düsseldorfer Tabelle, dem Alter des Kindes und der Einkommensgruppe des Barunterhaltspflichtigen.
  • Bei volljährigen Kindern ändert sich die Unterhaltsberechnung: beide Elternteile werden barunterhaltspflichtig.

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Ehegattenunterhalt

Der Ehegattenunterhalt umfasst verschiedene Anspruchsformen je nach Stadium der Ehe bzw. Scheidung.

Formen des Ehegattenunterhalts

  1. Familienunterhalt während der Ehe (§ 1360 BGB)

    • Gegenseitige Verpflichtung zur Leistung des Familienunterhalts
    • Gilt während bestehender Ehe und gemeinsamem Haushalt
    • Wird überwiegend als Naturalunterhalt geleistet
  2. Trennungsunterhalt (§ 1361 BGB)

    • Anspruch während der Trennungsphase vor der rechtskräftigen Scheidung
    • Der wirtschaftlich stärkere Partner muss den bedürftigen Partner unterstützen
    • Dauer: Von der Trennung bis zur rechtskräftigen Scheidung
  3. Nachehelicher Unterhalt (§§ 1569 ff. BGB)

    • Anspruch nach rechtskräftiger Scheidung
    • Nicht automatisch, sondern nur bei Vorliegen bestimmter Unterhaltstatbestände
    • Kann zeitlich befristet oder unbefristet sein

Unterhaltstatbestände nach der Scheidung

Nachehelicher Unterhalt kann aus folgenden Gründen verlangt werden:

  • Betreuungsunterhalt (§ 1570 BGB): Wegen Betreuung gemeinsamer Kinder
  • Altersunterhalt (§ 1571 BGB): Wegen Alters und damit verbundener eingeschränkter Erwerbsfähigkeit
  • Krankheitsunterhalt (§ 1572 BGB): Wegen Krankheit oder Behinderung
  • Erwerbslosenunterhalt (§ 1573 Abs. 1 BGB): Bei Arbeitslosigkeit nach der Scheidung
  • Aufstockungsunterhalt (§ 1573 Abs. 2 BGB): Bei unzureichendem Einkommen trotz Erwerbstätigkeit
  • Ausbildungsunterhalt (§ 1575 BGB): Für eine begonnene oder fortgesetzte Ausbildung
  • Billigkeitsunterhalt (§ 1576 BGB): Aus Gründen der Billigkeit

Mehr erfahren: Ehegattenunterhalt

Elternunterhalt

Der Elternunterhalt bezeichnet die Unterhaltspflicht erwachsener Kinder gegenüber ihren bedürftigen Eltern.

Besonderheiten des Elternunterhalts

  • Basiert auf dem Prinzip der generationsübergreifenden Solidarität
  • Entsteht erst bei Bedürftigkeit der Eltern, etwa wegen Pflegebedürftigkeit
  • Strenge Prüfung der Leistungsfähigkeit der Kinder mit erhöhtem Selbstbehalt
  • Schwiegereltern haben keinen Anspruch auf Unterhalt
  • Seit 2020 (Angehörigen-Entlastungsgesetz): Kinder erst ab einem Jahresbruttoeinkommen von mehr als 100.000 € unterhaltspflichtig

Mehr erfahren: Elternunterhalt

Verwandtenunterhalt

Der Verwandtenunterhalt umfasst Unterhaltspflichten zwischen Verwandten in gerader Linie.

Wer ist betroffen?

  • Zwischen Großeltern und Enkelkindern
  • Zwischen Urgroßeltern und Urenkeln
  • Nicht zwischen Geschwistern oder anderen Verwandten in der Seitenlinie

Voraussetzungen

  • Bedürftigkeit des Unterhaltsberechtigten
  • Leistungsfähigkeit des Unterhaltspflichtigen
  • Rangfolge nach § 1609 BGB beachten (nachrangig zu anderen Unterhaltsansprüchen)

Sonstige Unterhaltsarten

Neben den Hauptformen des Unterhalts gibt es weitere spezifische Unterhaltsansprüche:

Unterhalt für den nichtehelichen Elternteil

Nach § 1615l BGB hat die Mutter eines nichtehelichen Kindes gegen den Vater einen Unterhaltsanspruch wegen der Betreuung des Kindes:

  • Mindestens für die ersten drei Jahre nach der Geburt
  • Kann verlängert werden, wenn es aus Billigkeitsgründen erforderlich ist

Unterhalt bei eingetragenen Lebenspartnerschaften

Für eingetragene Lebenspartnerschaften gelten die gleichen Unterhaltsregeln wie für Ehegatten.

Rangfolge bei mehreren Unterhaltsberechtigten

Wenn eine unterhaltspflichtige Person nicht alle Unterhaltsansprüche erfüllen kann, gilt die Rangfolge nach § 1609 BGB:

  1. Minderjährige unverheiratete Kinder und privilegierte volljährige Kinder (bis 21 Jahre, im Haushalt der Eltern lebend und in allgemeiner Schulausbildung)
  2. Elternteile, die wegen der Betreuung eines Kindes unterhaltsberechtigt sind, sowie Ehegatten bei langjähriger Ehe
  3. Ehegatten und geschiedene Ehegatten, die nicht unter Punkt 2 fallen
  4. Kinder, die nicht unter Punkt 1 fallen
  5. Enkelkinder und weitere Abkömmlinge
  6. Eltern
  7. Weitere Verwandte in aufsteigender Linie

Unterschiede in der Berechnung

Die Berechnung des Unterhalts unterscheidet sich je nach Unterhaltsart:

  • Kindesunterhalt: Berechnung nach Düsseldorfer Tabelle, basierend auf Alter des Kindes und Einkommen des barunterhaltspflichtigen Elternteils
  • Ehegattenunterhalt: Häufig Anwendung der Quotenmethode (3/7 des Nettoeinkommens bei Erwerbstätigkeit) oder der Differenzmethode
  • Elternunterhalt: Individuelle Bedarfsermittlung, höherer Selbstbehalt für die Kinder
  • Verwandtenunterhalt: Ähnlich wie Elternunterhalt, individuell zu bestimmen

Fazit: Die richtige Unterhaltsart identifizieren

Die Vielzahl der Unterhaltsarten und ihre komplexen Regelungen machen es oft schwierig, den richtigen Anspruch zu erkennen und durchzusetzen. Folgende Faktoren sind bei der Bestimmung entscheidend:

  • Familiäre Beziehung zwischen den Beteiligten (Eltern-Kind, Ehegatten, etc.)
  • Aktuelle Lebenssituation (gemeinsamer Haushalt, Trennung, Scheidung)
  • Alter und Bedürftigkeit des Unterhaltsberechtigten
  • Leistungsfähigkeit des Unterhaltspflichtigen
  • Rangfolge bei mehreren Berechtigten

Unsere detaillierten Informationsseiten zu den einzelnen Unterhaltsarten sowie unsere Rechner-Tools helfen Ihnen, Ihre individuelle Situation besser einzuschätzen. Bei komplexen Fällen empfehlen wir die Beratung durch einen Fachanwalt für Familienrecht.

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