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Unterhalt für unverheiratete Eltern

Unterhalt für nicht verheiratete Elternteile – Anspruch, Dauer und Voraussetzungen

Wenn ein Kind geboren wird, stellt sich für unverheiratete Eltern oft die Frage nach dem Unterhalt – nicht nur für das Kind, sondern auch für den betreuenden Elternteil. Anders als bei Ehepaaren gelten hier besondere Regelungen. Dieser Ratgeber erklärt, wann nicht verheiratete Elternteile Unterhaltsansprüche haben und welche Voraussetzungen dafür erfüllt sein müssen.

Grundlagen des Unterhalts für nicht verheiratete Elternteile

Unverheiratete Elternteile können vom anderen Elternteil Unterhalt verlangen, wenn sie aufgrund der Betreuung des gemeinsamen Kindes nicht oder nur eingeschränkt erwerbstätig sein können. Diese Unterhaltspflicht ist im § 1615l BGB geregelt und wird als "Betreuungsunterhalt" bezeichnet.

Wichtig: Der Unterhaltsanspruch besteht nur gegenüber dem anderen Elternteil des gemeinsamen Kindes – nicht gegenüber anderen Verwandten.

Unterschied zum nachehelichen Unterhalt

Der Unterhaltsanspruch unverheirateter Elternteile orientiert sich an den Regelungen für geschiedene Ehepartner, unterscheidet sich aber in einigen wesentlichen Punkten:

Betreuungsunterhalt (§ 1615l BGB)Nachehelicher Unterhalt (§ 1570 ff. BGB)
Begründet durch KindesbetreuungBegründet durch vorherige Ehe
Primär auf die Kindesbetreuung bezogenUmfassende Unterhaltsansprüche möglich
Regelmäßig bis zum 3. Lebensjahr des KindesKann unter Umständen deutlich länger bestehen
Keine UnterhaltsverwirkungsgründeUnterhaltsverwirkungsgründe möglich

Zeitlicher Rahmen des Unterhaltsanspruchs

Der Unterhaltsanspruch nicht verheirateter Elternteile ist zeitlich in mehrere Phasen gegliedert:

1. Unterhalt während der Schwangerschaft

Bereits während der Schwangerschaft besteht ein Unterhaltsanspruch der werdenden Mutter gegen den Vater des Kindes. Dieser umfasst:

  • Schwangerschaftsunterhalt: 6 Wochen vor der Geburt
  • Entbindungsunterhalt: 8 Wochen nach der Geburt (bei Mehrlings- oder Frühgeburten: 12 Wochen)
  • Unterhalt bei schwangerschaftsbedingten Gesundheitsproblemen: Kann bereits 4 Monate vor der Geburt beginnen und bei gesundheitlichen Komplikationen auch länger als 8 Wochen nach der Geburt andauern

Der Anspruch umfasst zudem die Kosten, die durch Schwangerschaft und Entbindung entstehen, soweit diese nicht von der Krankenkasse übernommen werden.

2. Basisunterhalt in den ersten drei Lebensjahren

Nach der Geburt des Kindes hat der betreuende Elternteil einen grundsätzlichen Unterhaltsanspruch für mindestens drei Jahre (bis zum 3. Geburtstag des Kindes). In dieser Zeit wird nicht erwartet, dass der betreuende Elternteil einer Erwerbstätigkeit nachgeht.

Diese Regelung entspricht der Elternzeit, die im Arbeitsrecht vorgesehen ist, und berücksichtigt die intensive Betreuungsphase eines Kleinkindes.

3. Unterhalt über die drei Jahre hinaus

Nach dem 3. Geburtstag des Kindes kann der Unterhaltsanspruch unter bestimmten Voraussetzungen fortbestehen. Entscheidend sind dabei:

  • Die Belange des Kindes: Besondere Betreuungsbedürfnisse, z.B. bei Krankheit oder Behinderung
  • Verfügbarkeit von Kinderbetreuungsmöglichkeiten: Fehlen geeigneter Betreuungsplätze kann den Anspruch verlängern
  • Persönliche Umstände: Gesundheitszustand des betreuenden Elternteils, Betreuung weiterer Kinder

Der Bundesgerichtshof hat in mehreren Entscheidungen betont, dass die Betreuungsmöglichkeiten und die Belange des Kindes im Einzelfall zu prüfen sind. Ein pauschaler Anspruch über das 3. Lebensjahr hinaus besteht nicht.

Höhe des Unterhalts für nicht verheiratete Elternteile

Die Höhe des Unterhaltsanspruchs für nicht verheiratete Elternteile richtet sich nach mehreren Faktoren:

Bemessungsgrundlagen

  1. Lebensstandard des betreuenden Elternteils Der Unterhalt orientiert sich an den eigenen Lebensverhältnissen des betreuenden Elternteils, nicht an denen des unterhaltspflichtigen Elternteils.

  2. Finanzielle Leistungsfähigkeit des unterhaltspflichtigen Elternteils Der unterhaltspflichtige Elternteil muss einen angemessenen Selbstbehalt behalten. Dieser liegt derzeit bei 1.430 € (Stand 2025).

  3. Eigenes Einkommen des betreuenden Elternteils Eigene Einkünfte werden grundsätzlich angerechnet, wobei ein angemessener Freibetrag für berufsbezogene Aufwendungen berücksichtigt wird.

Berechnung des Unterhalts

Die Berechnung erfolgt in mehreren Schritten:

  1. Ermittlung des angemessenen Bedarfs des betreuenden Elternteils
  2. Abzug des eigenen (fiktiven) Einkommens, das der betreuende Elternteil erzielen könnte oder tatsächlich erzielt
  3. Prüfung der Leistungsfähigkeit des unterhaltspflichtigen Elternteils

Berechnungsbeispiel:

  • Angemessener Bedarf des betreuenden Elternteils: 1.800 €
  • Eigenes Einkommen: 500 €
  • Unterhaltsdefizit: 1.300 €
  • Leistungsfähiges Einkommen des unterhaltspflichtigen Elternteils nach Abzug des Kindesunterhalts und Selbstbehalts: 1.000 €

→ Der Unterhaltsanspruch beträgt in diesem Fall 1.000 € (begrenzt durch die Leistungsfähigkeit).

Besonderheiten und Grenzfälle

Unterhalt bei gemeinsamer Betreuung

Bei geteilter Betreuung (z.B. im Wechselmodell) kann der Unterhaltsanspruch reduziert sein oder ganz entfallen, wenn beide Elternteile in etwa gleichem Umfang für die Betreuung zuständig sind.

Unterhalt bei neuem Partner

Anders als beim nachehelichen Unterhalt führt das Zusammenleben mit einem neuen Partner nicht automatisch zum Wegfall des Betreuungsunterhalts. Allerdings kann bei einer verfestigten Lebensgemeinschaft eine Herabsetzung des Unterhalts in Betracht kommen.

Anspruch bei berufstätigen Elternteilen

Auch teilweise berufstätige Elternteile können Betreuungsunterhalt beanspruchen, wenn die Berufstätigkeit aufgrund der Kinderbetreuung eingeschränkt ist. Der Anspruch reduziert sich entsprechend dem erzielten Einkommen.

Durchsetzung des Unterhaltsanspruchs

Für nicht verheiratete Elternteile gibt es verschiedene Wege, den Unterhaltsanspruch durchzusetzen:

Unterstützung durch das Jugendamt

Das Jugendamt bietet kostenlose Beratung und Unterstützung bei der Durchsetzung von Unterhaltsansprüchen. Es kann:

  • bei der Feststellung der Vaterschaft helfen
  • bei Unterhaltsberechnungen unterstützen
  • bei der Durchsetzung bestehender Ansprüche helfen

Rechtliche Schritte

Wenn keine einvernehmliche Lösung möglich ist, kann der Unterhaltsanspruch gerichtlich durchgesetzt werden:

  1. Auskunftsanspruch: Zunächst kann Auskunft über Einkommen und Vermögen des unterhaltspflichtigen Elternteils verlangt werden.
  2. Unterhaltsklage: Bei Nichteinigung kann eine Unterhaltsklage beim Familiengericht eingereicht werden.
  3. Einstweilige Anordnung: In dringenden Fällen kann ein vorläufiger Unterhalt per einstweiliger Anordnung festgesetzt werden.

Verjährung

Unterhaltsansprüche verjähren nach drei Jahren ab dem Ende des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist und der betreuende Elternteil Kenntnis davon hatte.

Checkliste: Was sollten nicht verheiratete Eltern beachten?

Vor der Geburt:

  • ✓ Frühzeitig über die finanzielle Situation nach der Geburt sprechen
  • ✓ Vaterschaft klären und anerkennen lassen
  • ✓ Mögliche Unterhaltsansprüche während der Schwangerschaft klären
  • ✓ Staatliche Leistungen wie Elterngeld und Kindergeld beantragen

Nach der Geburt:

  • ✓ Unterhaltsvereinbarung für Kind und betreuenden Elternteil treffen
  • ✓ Unterhaltsvereinbarung schriftlich fixieren
  • ✓ Regelmäßige Anpassung bei Änderung der Lebensumstände
  • ✓ Belege über Betreuungsaufwand und -kosten sammeln
  • ✓ Bei Problemen frühzeitig das Jugendamt einschalten

Staatliche Leistungen und Unterstützungsmöglichkeiten

Neben dem Unterhaltsanspruch gegen den anderen Elternteil können nicht verheiratete Eltern verschiedene staatliche Leistungen in Anspruch nehmen:

Unterhaltsvorschuss

Wenn der unterhaltspflichtige Elternteil keinen oder nicht den vollen Unterhalt für das Kind zahlt, kann Unterhaltsvorschuss beim Jugendamt beantragt werden. Dieser Vorschuss bezieht sich allerdings nur auf den Kindesunterhalt, nicht auf den Betreuungsunterhalt für den Elternteil.

Weitere Unterstützungsleistungen

  • Elterngeld: Für bis zu 14 Monate nach der Geburt
  • Kindergeld: Monatliche Zahlung für jedes Kind
  • Kinderzuschlag: Zusätzliche Leistung für Familien mit geringem Einkommen
  • Wohngeld: Zuschuss zu den Wohnkosten
  • Bildungs- und Teilhabepaket: Unterstützung für Bildung und Freizeitaktivitäten

Häufige Fragen zum Unterhalt für nicht verheiratete Elternteile

Kann ich als Vater Betreuungsunterhalt verlangen?

Ja, das Geschlecht spielt keine Rolle. Wenn der Vater die überwiegende Betreuung des Kindes übernimmt und dadurch in seiner Erwerbstätigkeit eingeschränkt ist, kann er Betreuungsunterhalt von der Mutter verlangen.

Was passiert, wenn der unterhaltspflichtige Elternteil nicht zahlen kann oder will?

Bei fehlendem Willen kann der Unterhalt gerichtlich durchgesetzt werden. Bei fehlender finanzieller Leistungsfähigkeit können staatliche Leistungen wie Unterhaltsvorschuss (für das Kind) oder Sozialleistungen beantragt werden.

Besteht der Unterhaltsanspruch auch, wenn wir nie zusammengelebt haben?

Ja, der Betreuungsunterhalt ist unabhängig davon, ob die Eltern jemals zusammengelebt haben. Er beruht allein auf der gemeinsamen Elternschaft und der Betreuungssituation.

Wie wirkt sich eine neue Partnerschaft auf den Unterhaltsanspruch aus?

Anders als beim nachehelichen Unterhalt führt eine neue Partnerschaft nicht automatisch zum Wegfall des Betreuungsunterhalts. Bei einer verfestigten Lebensgemeinschaft kann jedoch eine Herabsetzung in Betracht kommen, wenn der neue Partner zum Unterhalt beiträgt.

Kann ich rückwirkend Unterhalt fordern?

Grundsätzlich kann Betreuungsunterhalt erst ab dem Zeitpunkt gefordert werden, zu dem der unterhaltspflichtige Elternteil zur Zahlung aufgefordert wurde. In bestimmten Fällen (wie bei Schwangerschafts- und Entbindungskosten) ist auch eine rückwirkende Geltendmachung möglich.

Fazit

Der Unterhaltsanspruch nicht verheirateter Elternteile ist ein wichtiges rechtliches Instrument, um die Betreuung und Erziehung gemeinsamer Kinder finanziell abzusichern. Anders als oft angenommen, haben unverheiratete Elternteile durchaus Anspruch auf Unterhalt – allerdings primär bezogen auf die Kindesbetreuung und in der Regel zeitlich begrenzter als bei geschiedenen Ehepartnern.

Eine offene Kommunikation zwischen den Eltern und gegebenenfalls rechtliche Beratung helfen dabei, faire Lösungen zu finden, die sowohl dem betreuenden Elternteil als auch dem Kind zugutekommen.

Nutzen Sie unsere Unterhaltsrechner und Selbstbehaltsrechner, um eine erste Orientierung für Ihre individuelle Situation zu erhalten.

Hinweis: Dieser Artikel stellt keine Rechtsberatung dar und ersetzt nicht die individuelle Beratung durch einen Fachanwalt für Familienrecht.